28.03.2021 – Über 1000 Menschen kamen den Tag über zu den Kundgebungen und Demos gegen „Querdenken“ in Darmstadt
„Querdenken entgegentreten – Kein Platz für eure Hetze!“
Für den 28.03.2021 rief „Querdenken“ zu einer Kundgebung auf dem Karolinenplatz, gegenüber dem Impfzentrum, auf. Die Stadt Darmstadt verbot den dortigen Kundgebungsort und verlagerte diesen auf den Parkplatz am Stadion Böllenfalltor am Stadtrand. Leider sah sich die Stadt nicht in der Lage die komplette Versammlung zu verbieten. Gerade nach den Ereignissen in Kassel ein Skandal!
Schon seit Monaten versuchen die „Querdenker“ in Darmstadt ihre kruden Verschwörungserzählungen, ihren Hass und ihre Hetze zu verbreiten. Ein breites Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Organisationen, verschiedenen linken Gruppen und engagierten Bürger*innen stellt sich schon seit geraumer Zeit diesen Menschenfeinden entgegen. So auch an diesem Tag!
Fridays for Future machte mit einer Fahrrad-Demo vom Hauptbahnhof aus den Auftakt zum Gegenprotest. So fuhren etwa 200 Leute mit ihren Fahrrädern durch die Stadt, um sich dann der Kundgebung auf dem Friedensplatz anzuschließen. Dort versammelten sich um 13:00Uhr rund 600 Leute. Gleichzeitig startete eine Gegendemonstration an unserem zweiten Kundgebungsort in der Nähe des Böllenfalltor-Stadions.
Nach Redebeiträgen von Bijan Kaffenberger, SPD (MdL) und Renate Dreesen vom Bündnis gegen Rechts Darmstadt, setzte sich der Demo-Zug vom Friedensplatz Richtung Böllenfalltor-Stadion in Bewegung. Vorbei am Schloss/Marktplatz, ging es auf den City-Ring und weiter die Nieder-Ramstädter Straße hoch bis zum zweiten Kundgebungsort Höhe Kekuléstraße.
Dort angekommen, gab es weitere Redebeiträge u.a. von Christiane Böhm, die Linke (MdL), Bündnis gegen Rechts Darmstadt, Feministischer Streik Frankfurt, Linksjugend solid aus Frankfurt & Mannheim und Community for all.
Und wieder einmal hat Darmstadt deutlich gezeigt, dass es bei uns keinen Platz gibt für Hetze, Hass, Verschwörungserzählungen, rechte, antisemitische und menschenfeindliche Ideologien.
Wir vom Bündnis gegen Rechts Darmstadt sagen Dankeschön an alle, die mit uns auf der Straße waren und sich an dem Protest und an der Organisation beteiligt haben.
Impressionen
Vielen Dank an Roger Murmann für die Aufnahmen und das wir die Bilder hier verwenden dürfen. Weitere Bilder gibt es von ihm bei Flickr.
Redebeiträge
Redebeitrag BgR Darmstadt 28.03.2021
Querdenken entgegentreten! Kein Platz für eure Hetze!
Über 2.7 Millionen Menschenleben weltweit hat die Corona-Pandemie seit dem Ausbruch gekostet. Allein über 75.000 Tote hier in Deutschland. Die Dunkelziffer weltweit dürfte weit höher liegen.
Und dennoch gehen regelmäßig Corona-Leugner auf die Straße und verbreiten ihren Hass. Seit Beginn der „Querdenken“-Proteste ist die neue Rechte mit an Bord. Seit Mitte letzten Jahres wird eine zunehmende Radikalisierung wahrgenommen.
Olaf Sundermeyer, Journalist und Rechtsextremismus-Experte, warnte bereits im November letzten Jahres in einem Interview mit dem Deutschlandfunk:
Zitat: „Dabei mache sich die „Querdenken“-Bewegung zunehmend Argumentationsformen, Protestformen und politische Ziele von Rechtsextremisten bei der Auseinandersetzung mit Staat und Regierung zu eigen. Die Radikalisierung zeige sich auch mit dem entschlossenen und teilweise gewaltsamen Vorgehen gegen Polizei, Politiker und Journalisten“.
Sundermeyer führt weiter aus: „Ich würde aber davor warnen, von einer Unterwanderung zu sprechen. Rechtsextremisten sind sehr frühzeitig ein Bündnis eingegangen mit den Querdenkern. Michael Ballweg, der Kopf der Querdenker aus Stuttgart, sagt immer, ‚wir einigen uns auf den kleinsten gemeinsamen Nenner‘. Und das ist die rigorose Ablehnung der Regierungspolitik in der Coronakrise – also gegen den Infektionsschutz und die Maßnahmen.“ Im Kern ginge es dabei darum, dass „man gemeinsam die Regierung stürzen möchte.“, schlussfolgert Sundermeyer.
Und genau darum geht es denen! Sie wollen keine Demokratie, sie wollen keine bunte, offene, pluralistische und diverse Gesellschaft.
Die offenkundige Sympathie mit der rechten Szene dürfte inzwischen allen bewusst sein. Es gibt unzählige Recherchen und Berichte über die Verstrickungen zwischen „Querdenken“ und Akteuren des rechten Spektrums. Samuel Eckert, einer der angekündigten Redner auf der heutigen „Querdenken“-Demo behauptete: „Reichsflaggen haben nichts mit Rechtsextremismus zu tun“. Laut Correctiv traf er sich mit Oliver Janich, einem deutschen Verschwörungstheoretiker, der rechtspopulistische, fremdenfeindliche und verschwörungstheoretische Ansichten vertritt und Jürgen Elsässer, Chefredakteur des rechten Monatsmagazins „Compact“, zum Gespräch und zeigte sich auf Instagram mit der rechten Influencerin Naomi Seibt.
Der Sinsheimer HNO-Arzt Bodo Schiffmann sympathisiert auch mit rechten Akteuren. So erklärte er in einem Video vom 22. September: „Ob Attila Hildmann oder Reichsbürger, alle müssten nun gemeinsam in den Widerstand gehen.“
Das sind nur zwei Beispiele von vielen, die zeigen, welche Akteure da am Zug sind.
Ja, es stimmt. Die Corona-Pandemie verlangt uns allen viel ab. Den einen mehr und den anderen weniger. Wir stehen solidarisch an der Seite all jener, die unter der Corona-Pandemie leiden. Es gibt auch von uns konstruktive und berechtigte Kritik an den beschlossenen Maßnahmen. Diese Kritik kann und darf man äußern. Wir leben in keiner Diktatur! Wie behauptet wird. Man kann seine Abgeordneten ansprechen. Man kann Petitionen einreichen. Man kann den Klageweg beschreiten oder mit den Medienvertreter*innen sprechen. Alles legitime Mittel in einem Rechtsstaat.
Was man aber nicht machen kann, ist mit Rechtsextremen, Verschwörungserzählern, rechten Esoterikern, und anderen Verfechtern einer menschenverachtenden Ideologie, auf die Straße zu gehen!
Das Bundesamt für Verfassungsschutz warnte bereits letztes Jahr, mit Blick auf die Bewegung, vor einer „Steigerung in der Bereitschaft zur Gewaltanwendung“.
Seit letztem Jahr ist die Gewaltbereitschaft weiter angestiegen und hat sich in Kassel vor gut einer Woche auf erschreckende Weise gezeigt.
Wir fordern die Politik und die Sicherheitsbehörden auf, den Kuschelkurs mit den „Querdenkern“ zu unterlassen und hart durchzugreifen. Es geht um unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat. Auf jeder „Querdenker“-Demo werden vorsätzlich Regeln und Anordnungen missachtet. Mit der Polizei wird Katz und Maus gespielt. Damit muss Schluss sein!
Das Bündnis gegen Rechts Darmstadt hat sich vor zwanzig Jahren gegründet, um sich dieser Ignoranz entgegenzustellen. Wir klären auf, legen den Finger in die Wunde und geben den Opfern rechter Gewalt eine Stimme. Wir kämpfen für eine weltoffene, bunte, vielfältige Gesellschaft, in der Rassismus, Antisemitismus und jede Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit keinen Platz haben.
Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, die Rechtsentwicklung zu stoppen, sich dem Rassismus entgegenzustellen und die demokratischen Rechte zu verteidigen. Wir setzen uns ein:
- Für kulturelle Vielfalt
- Für die Rechte von Frauen, Homosexuellen, Lesben, Transsexuellen
- Für die Rechte von behinderten Menschen
- Für aufgeklärten Sexualkundeunterricht
- Für eine an den Zielen individueller und gesellschaftlicher Emanzipation orientierte Erziehung
- Gegen Islamfeindlichkeit, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Antiziganismus und jede Form der Diskriminierung
- Gegen erweiterte Befugnisse für Polizei und Geheimdienste
Wir werden niemals zulassen, dass Rechte, Rechtsextreme, Nazis und sonstige Demokratie- und Menschenfeinde den hart erkämpften Rechtsstaat mit Füßen treten!
Daher stellen wir uns „Querdenken“ entgegen! Kein Platz für eure Hetze! Nicht in Darmstadt, nirgendswo!
Alerta, Alerta, Antifacista!
(mzw)